Fahndung nach dem flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek
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Nach dem flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek wird weiterhin weltweit gefahndet

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Marsalek-Spionagering: Sechster Beschuldiger bestreitet Vorwürfe

Im Herbst soll in London der Prozess gegen sechs Bulgaren beginnen, die für Russland spioniert haben sollen. Der flüchtige Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek soll sie angeleitet haben. Heute hat der nächste Beschuldigte die Vorwürfe bestritten.

Spionage für Russland zum Schaden Großbritanniens – so lautet der Vorwurf der Anklage gegen Tihomir I. und fünf weitere bulgarische Staatsbürger. Ein Anti-Terror-Kommando hat den 38-Jährigen im Februar dieses Jahres festgenommen. Die Behörden zählen ihn zu einem Spionagering, der angeleitet von dem flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek zwischen August 2020 und Februar 2023 für Russland spioniert haben soll. Vom Gericht heute befragt, ob er sich für schuldig oder nicht schuldig befinde, antwortete Tihomir I. am ohne Zögern: "nicht schuldig". Die übrigen mutmaßlichen Mitglieder des Spionagerings haben schon bei einer früheren Anhörung auf "nicht schuldig" plädiert.

Marsaleks Spionagering und die Spuren nach Wien

Als führenden Kopf sieht die Anklage Orlin R., der in Handschellen und von mehreren Polizisten bewacht die Anhörung in Saal 1 des Central Criminal Court verfolgte. Roussev und Marsalek kennen sich seit Jahren. Dem BR liegen E-Mails aus dem Jahr 2015 vor, in denen sich beide über besonders robuste und sichere Mobiltelefone ausgetauscht haben. Nach Überzeugung der Anklage hat Marsalek den Spionagering um Roussev angeleitet, unter anderem, um gegen Bezahlung an Informationen über Nato-Basen in Deutschland zu kommen. Zudem sollen sie im September 2022 die kasachische Botschaft in London überwacht haben.

Nach Erkenntnissen der britischen Behörden soll es zudem Bezüge zwischen dem Londoner Verfahren und Ermittlungen gegen frühere Mitarbeiter des inzwischen umstrukturierten österreichischen Geheimdienstes BVT geben. Danach sollen Marsalek und Roussev unter anderem gemeinsam den Transport eines speziell gesicherten SINA-Laptops über Wien nach Moskau organisiert haben. Der Ex-BVT-Mitarbeiter Egisto O. sitzt auch deswegen seit mehr als einem Monat in Untersuchungshaft.

Anfängliche Spekulationen, wonach es sich bei dem "SINA-Laptop" um ein Gerät aus dem Bestand eines westlichen Nachrichtendienstes gehandelt haben soll, haben sich nach Erkenntnissen österreichischer Ermittler nicht bewahrheitet. Offen ist aber weiterhin, welche Daten sich auf dem Laptop befanden. Österreichische Behörden gehen außerdem davon aus, dass ein Einbruch in der Wiener Wohnung des Investigativ-Journalisten Christo Grozev "im Einvernehmen" mit Roussev und Marsalek "durchgeführt wurde".

Prozessbeginn im Oktober

Der Prozess gegen Roussev und die fünf weiteren Beschuldigten, die allesamt aus Bulgarien stammen, soll im Oktober am Central Criminal Court beginnen. Roussev und zwei weiteren Mitstreitern wird auch der Besitz von mehreren mutmaßlich gefälschten Ausweisdokumenten zur Last gelegt. Diese hatte die Polizei bei ihrer Festnahme im Februar 2023 sichergestellt. Die Anklage führt unter anderem ein Gesetz aus dem Jahr 1911 ins Feld. Der damals vor allem gegen Deutschland gerichtete "Official Secrets Act" stellt die Weitergabe von Informationen unter Strafe, die für einen Feind nützlich sein könnten. Am Freitag setzt das Gericht die Anhörung fort.

Zum Video: BR24live – Hat Deutschland ein Spionage-Problem?

(Symbolbild) Hat Deutschland ein Spionage-Problem?
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